Grenzen setzen bedeutet für mich nicht einfach „nein“ zu sagen oder den Kontakt zu Menschen abzubrechen. Grenzen sind immer für mich und nicht gegen andere Personen. Ich vertrete mit meinen persönlichen Grenzen meine Werte und definiere mein Leben. In einer gleichwertigen Beziehung ist es nicht mein Recht, von anderen zu fordern, dass sie sich verändern, um meine Grenzen zu wahren oder meinem Wertesystem zu entsprechen. Jeder Mensch hat das Recht auf seine Ansichten, Werte und Grenzen. Ich möchte, dass andere Menschen mich sein lassen wie ich bin und gleichzeitig will ich andere Menschen sein lassen wie sie sind.
Mir fällt das immer noch manchmal schwer, denn natürlich verletzt es mich, wenn Menschen über meine Grenzen trampeln und meine Werte missachten. Aber wenn ich ehrlich bin, trampel ich auch hin und wieder über fremde Grenzen und missachte die Werte anderer Menschen. Das liegt oft daran, dass ich erstmal von mir ausgehe und Menschen kennenlernen muss, um deren Welt zu verstehen. Die Problematik, die ich oft sehe besteht darin, dass viele Menschen denken sie hätten die absolute Wahrheit entdeckt und nur diese Wahrheit ist allgemein gültig. Doch wir sind nicht alle gleich, wir haben Prägungen, Verletzungen und Erfahrungen die sich teilweise von außen betrachtet gleichen, doch zu unterschiedlichen Resultaten führen. Denn eine Erfahrung geht mit vielen Einflussfaktoren einher. Egal wie oft ich ein scheinbar gleiches Gericht koche, es wird immer ein bisschen anders und wenn es ein anderer kocht, wird es in den meisten Fällen von dem Geschmack abweichen, den ich gewohnt bin.
Wenn wir also darüber reden Grenzen zu setzen, dürfen wir zuerst unser eigenes Wertesystem kennenlernen. Was ist mir wichtig? Wie möchte ich leben? Wie möchte ich sein? Wie möchte ich mit anderen Menschen umgehen? Was erwarte ich von anderen Menschen? Und warum das alles?
Dann dürfen wir reflektieren. Berücksichtige ich selbst immer, was ich als wichtig betrachte? Lebe ich, wie ich es möchte? Bin ich, wie ich sein möchte? Gehe ich mit anderen Menschen um, wie ich es eigentlich für richtig erachte? Warum erwarte ich bestimmte Dinge von anderen Menschen?
Während dieser Fragen stoßen wir auf unsere Bedürfnisse und wenn wir mutig sind, diese anzuschauen und zu hinterfragen, entdecken wir was wirklich wichtig ist: Unsere individuellen Bedürfnisse und deren Erfüllungsstatus.
Wenn ich z.B. sage „Ich will mit Respekt behandelt werden“, steckt dahinter das nicht gut erfüllte Bedürfnis „Respekt“. Denn ist mein Bedürfnis nach Respekt aufgefüllt, bin ich wesentlich entspannter damit, dass andere meine Definition von Respekt nicht erfüllen. Ich darf mich also fragen: „Wie definiere ich Respekt?“ und „Wo lasse ich mich respektlos behandeln?“ Zum Thema Bedürfnisse schreibe ich sicher ein anderes Mal. Bis dahin schau dir gerne mal mein YouTube-Video „Bedürfnisanalyse“ an, wenn es dich interessiert.
Wenn ich mit Menschen interagiere mache ich mir immer wieder bewusst, dass diese nicht ich sind. Sie haben andere Prägungen, ein anderes Wertesystem und andere Denkmuster. Ich beziehe – meistens – die Handlungen anderer Menschen nicht auf mich persönlich. Denn was andere Menschen sagen und tun sagt mehr über sie aus als über mich. Gleichzeitig reflektiere ich für mich welchen Anteil ich an einem negativen Verhalten anderer Menschen mir gegenüber habe. Habe ich zu oft geduldet schlecht behandelt zu werden, ist dies mein Anteil daran ein für mich negatives Verhalten aufrechtzuerhalten oder sogar zu fördern. Das bedeutet nicht, dass ich an diesem Verhalten schuld bin oder dafür verantwortlich, dass der andere sich so verhält. Es bedeutet jedoch, dass ich meine Grenzen nicht klar kommuniziert habe.
Kommunikation ist nicht einfach reden! Kommunikation findet zudem in meinem Verhalten statt. Ich kann einem anderen Menschen tausend Mal sagen, dass ich es doof finde, wenn dieser mich beleidigt und dass ich das nicht möchte. Bleibe ich jedoch immer wieder in solchen Situationen und lasse Beleidigungen über mich ergehen, handle ich entgegen meiner Worte und dulde damit dieses Verhalten.
Mein erster Schritt war „Meine Grenzen, Werte und Bedürfnisse“ zu reflektieren. Im 2. Schritt kommuniziere ich verbal – am besten während eines ruhigen Gemütszustands – mit meinem Gegenüber und gebe diesem die Möglichkeit sich selbst zu reflektieren. Kommen Grenzüberschreitungen weiterhin vor schaue ich wieder bei mir: Welche Emotionen löst das Verhalten in mir aus? Was macht es mit mir? Zudem frage mich wie wichtig mir die Beziehung zu diesem Menschen ist und sortiere gegeben Falls einfach aus.
Ist mir der Mensch und die Beziehung wichtig setze ich Grenzen verbal und aktiv. Bei einem Verhalten was mir komplett widerstrebt verlasse ich die Situation und begründe kurz und bündig. Indem ich z.B. sage, dass ich den Menschen gern hab, ihn akzeptiere wie er ist und gleichzeitig nicht gewillt bin diese Verhaltensweisen zu akzeptieren und deswegen jetzt gehe. Damit wahre ich meine Grenze ohne die andere Person abzuwerten.
Zukünftig schaue ich, dass ich nur dann Kontakt mit Menschen pflege bei denen ich weiß, dass es schwierig werden kann, wenn ich mich emotional stabil fühle und meine Bedürfnisse gedeckt sind. Denn sonst komme ggf. ich in Verhaltensmuster die ich nicht leben möchte. Auch ich kann wütend, aggressiv, unbedacht und übergriffig werden, wenn ich nicht auf mich achte. Ist mir – by the way – erst vor kurzem passiert.
In diesem Beitrag geht es übrigens um Beziehungen zwischen Erwachsenen Menschen. Über Grenzen setzen gegenüber jungen Menschen schreibe ich sicher mal einen Extrabeitrag.
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